Donnerstag, 30. Oktober 2008

Lochbeton Patrouillenweg

Hab mal wieder endlich einen Internetzugang und dazu die passende Schreibstimmung.
Inzwischen habe ich meine Himmelsrichtung gewechselt. Bin seit ein paar Tagen überwiegend nach Norden unterwegs, natürlich weiterhin der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze folgend.
Und der Patrouillenweg hat es mir angetan. Die Lochbeton - Kontrollstrecke der DDR-Grenzbeamten ist häufig, so oft es geht, mein Weg. Es fühlt sich einfach so richtig an, genau darauf zu gehen, auch wenn ich durch die Löcher in der Betonstrecke hin und wieder etwas umknicke.
Inzwischen habe ich in der Nähe von Behrungen in einem Freilandmuseum mich noch mal kundig gemacht, wie die Grenze genau aussah. Bisher sah ich den Lochbeton-Weg als einen Kontrollstreifen, der aus Ostzonen-Sicht vor den Grenzanlagen lag, aus Westzonen-Sicht hinter den DDR-Grenzanlagen. Aber so ist es gar nicht.
Verschiedene Zäune und Sperrvorrichtungen ließen die Grenze unpassierbar werden, incl. Selbstschußanlagen, oder davor Minen und eine KFZ Grabensperre, Wachtürme unterschiedlicher Kategorie.... und genau in der Mitte lag dieser Patrouillenweg. Jetzt ist quasi nur noch der Lochbeton-Weg übergeblieben, der ganze Rest ist abgebaut, und an der Vegetation ist deutlich zu erkennen, wo vorher der bis zu 500 Meter breite Grenzstreifen durch das Land lief.
Oft ist der Weg begehbar, teils in den Karten eingezeichnet, so gut wie nie als Wanderweg genutzt, teilweise aber auch zugewuchert.
Gestern habe ich so einen zugewucherten Weg erwischt, nachdem die ersten 7 km leicht begehbar waren. Ich habe mich dann durch Wald und Gebüsch gekämpft. Etwas mulmig war mir zwischenzeitlich auch, da der Grenzstreifen ja auch mal vermint war. Besonders deshalb, weil in dem Gebiet des Freilandmuseums bei Behrungen in 2001 ein 10jähriger Junge eine voll funktionsfähige Mine entdeckt hatte, dies meldete... und diese dann fachgerecht entschärft wurde. So habe ich ein bisschen Schiss gehabt, zwischendurch, gehofft, daß der Kampfmitterräumdienst, der alle Gebiete nach der Wende sehr sehr gründlich durchgesucht hat, wirklich gute Arbeit gemacht hat. Es ist auf jeden Fall, wie aus dem Fall des Jungen in 2001 erkennbar, nicht 100%ig ausgeschlossen, daß dort noch irgendwelche Minen entdeckt werden könnten. In einem Dorf habe ich sogar ein Plakat gesehen, welche Minen verwendet wurden und bei Fund sofort gemeldet werden sollen. Auf jeden Fall habe ich mich dann wieder auf mein achtsames Gehen besonnen und sofort verschwand die anfängliche Angst, oder besser gesagt das Unbehagen. Mitten im Wald stand dann an einer Stelle eine alte BotonGrenzsäule. Die hatte 3 Markierungen, die fast aussahen, wie ein lächendes schwarz-rot-goldenes Gesicht.
Gedanken, die ich während des Gehens auf dem Lochbeton-Weg habe:
Was sind Grenzen überhaupt? Warum bauen Menschen Grenzen? Warum dürfen andere Menschen nicht über diese gehen? Warum werden Menschen in einem Land "eingesperrt"? Ich denke an die Menschen, die in Nord- und Südkorea wohnen, an die Grenze dort.
Ich denke an die Menschen, die in Mexiko und USA an einer sehr bewachten Grenze wohnen. Ich denke an die Menschen in Israel und Palestina....
Ich denke an die Menschen in Afrika und die, die nicht genug zu Essen haben in der Welt.
Ich nehme sie mit auf den Weg und hoffe auf bessere Zeiten.
Dass wir Menschen in einer grenzenlosen Welt, halt einer Welt, frei dahin gehen oder reisen zu dürfen, wohin wir wollen (egal aus welchem Land kommend).
Ich werde noch viele weitere km auf der Grenze, auf den ehemaligen Kontrollwegen zurücklegen dürfen... zumindest ist dies geplant.
Und.... gestern Abend fiel mir ein.... jeder dieser Schritte wird einmalig sein....wahrscheinlich werde ich da nicht noch einmal langlaufen....ein weiterer Grund dies in Achtsamkeit zu tun.
In diesem Sinne
Thomas

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