Montag, 17. November 2008

Wieder daheim

Ich bin wieder in Flensburg angekommen, froh und glücklich, daß ich diese Reise machen durfte, daß ich diese Pilgerzeit hatte, daß alles gut verlaufen ist, es Spaß gemacht hat, all diese Wege zu gehen.
Es ist das 2. Jahr der Friedenspilgerschaft durch Deutschland und alle Nachbarländer - möchte mir angewöhnen, nicht mehr so oft "durch alle angrenzenden Länder" sagen.
Allen UnterstützerInnen möchte ich herzlich danken, die dieses Projekt mittragen.
608 km bei dieser Herbstetappe, etwa 2.690 km bin ich bisher insgeamt in den 2 Jahren gelaufen. Und ich bin noch nicht bei der Hälfte angekommen.
Bei dieser Etappe habe ich viele Menschen getroffen, die nicht an der Oberfläche oder in der Tiefe verstanden haben, was ich da tue. Ein gutes Trainingsfeld für mich, mich dadurch nicht irritieren zu lassen.
Bin sehr zufrieden mit meinem 2. von 5 Ausbildungsjahren, den Erkenntnisssen und dem Tun.
Es geht weiter step by step und insgesamt mit steppps
Eurer
Thomas

Abschluß

11.11.
Göttingen - Seeburg - Bernshausen
12.11.
Bernshausen - Obernfeld - Hilkerode - Kolonnenweg - Silkerode
13.11.
Silkerode - Kolonnenweg - Bartolfelde - Steina - Bad Sachsa - Wieda
14.11.
Wieda - Braunlage - kurzes Stück Kolonnenweg - Schierke
15.11.
Schierke - Brocken 1142m - Kolonnenweg - Bad Harzburg
16.11.
Rückreise mit der Bahn nach Flensburg

Bis Silkerode
hielt noch meine Glücksträhne mit Einladungen, kostenlosen Unterkünften, bei lieben Menschen an. Dann wieder preiswerte Pensionen, Jugendherberge, etc.
Der letzte Tag führte mich im Harz über den Brocken (1142m) und hinab nach Bad Harzburg. Im Naturpark Oberharz gab es viele Schilder, die die Besucher darauf hinwiesen, auf den Wegen zu bleiben und die soooooo wichtige Natur zu schützen, die aus Gras, Tannen und Steinen bestand. Ich empfand das wie ein Hohn, angesichts der Tatsache, wie wir ansonsten mir der Natur umgehen. Viele meiner Wege - ausgesprochene Wanderwege - verliefen zum großen Teil durch Wald und Flur, aber allerseltenst waren es wirklich reine Wanderwege, sondern Wirtschaftswege für Forstwirtschaft oder Landwirtschaft. Der Wald so gut wie immer ein Nutzwald. Das Land so gut wie immer bewirtschaftet und bepflügt. Wo gibt es schon wirkliche Nur-Natur? Selbst die Tiere, die noch in unserer Natur leben, werden systematisch reduziert oder abgeballert. So viele Hochsitze von Förstern habe ich gesehen, und viel, viel, viel weniger Tiere als zum Beispiel in Polen. Die paar Rehe, die noch übrig sind, die paar Wildscheine die noch übrig sind, die paar Hasen, die noch übrig sind...... An der bayrisch-thüringischen Grenze sind auf dem alten Todesstreifen so viele Hochsitze aufgebaut, daß es ein Leichtes wäre, die deutsch-deutsche Grenze wieder zu bewachen, da fast lückenlos. Das passiert ja auch an manchen Tagen für die Tiere......
Es war ein Nebeltag, mit manchmal ein bischen Sonnenscheinversuchen. Kurz vor dem Gipfel wunderte ich mich über keinen Regenbogen, obwohl die Sonne volle Kanne in die sich öffnenden Nebel/Wolkenschwaden hineinschien.
Oben auf dem Gipfel alles total vernebelt. So bin ich erst mal in eine Imbissstube hinein. Am Eingang begrüßte mich ein Schild "Der Verzehr von Speisen und Getränken ist in unserem Restaurant nicht gestattet." Es gab Pommes Majo, die lecker aussah, lecker schmeckte, aber trotzdem irgendwie etwas merkwürdig roch. Auch der ewig wieder aufsteigende Brockenbesteiger aus der Gegend, der schon über 5500x diese Tour gemacht hatte (stand vor 2 Tagen in der Zeitung) war anwesend und kannte wohl irgendwie fast alle.
Der Brocken ist übrigens der einzige Berg weltweit, dessen Gipfel man aus politischen Gründen nicht besteigen durfte - 28 Jahre lang.
Ich wechselte das Lokal. Neben dem Hoteleingang befand sich ein "Touristensaal". Mir schwante nichts Gutes, aber ich ging trotzdem hinein, wollte noch einen Tee. Ein Schild begrüßte mich "Der Verzehr von Speisen und Getränken ist in unserem Restaurant verboten". Selbstbedienungslokal. Die gläsernen Theken waren so hoch gebaut, daß ich den Eindruck hatte, das Personal wolle sich hinter ihnen verstecken, oder gar einen Schutzwall aufbauen. Die Kassiererinnen machten für mich auch den Eindruck, daß es hier offensichtlich oft nur vor Besteigern des Brocken wimmelt. Eine gewisse Genervtheit konnte ich ihren Blicken und Verhalten entnehmen.
Ich setzte mich mit meinem Tee und schaute so in die Runde. An der ersten Wand entdeckte ich ein Schild "Der Verzehr von Speisen und Getränken ist in unserem Restaurant verboten", ich schwenkte meinen Blick zu einen anderen Wand, die mit den ganzen Fenstern. Zwischen den Fenstern auf jedem Zwischenraum Schilder "Der Verzehr ..... Jetzt packte mich die Wut. Nicht das ich sie ausagieren musste, ich konnte aber deutlich ihr Kraftpotential fühlen. Überall waren diese Schilder...... nirgends konnte ich meinen Blick ruhen lassen, auf etwas Schönem. Die Stühle fand ich noch ganz nett. Holzstühle mit schwarzer Lehne, die eine Aussparung hatte, die mit gutem Willen als Herzen interpretiert werden konnten oder die Form eines Würstchens.
Die Wut blieb.
Auch draußen, es war immer noch supersehr neblig, konnte ich mich kaum orientieren. Superkleine eingezäunte Naturstückchen wurden hier präsentiert, mit Gras und Steinen und mit dem nötigen Schild, doch bitte nicht die wertvolle Natur zu zerstören.
Auf einem Kolonnenweg ging ich den Berg schließlich hinunter.
Ausschließlich nette, freundlich lächelnde oder lachende Menschen grüßten mich.
Nach einer Weile begriff ich, dass diese Schilder zwar alle neu sind, aber letztendlich doch nur darauf hinweisen, was hier alles mal verboten war, selbst das auf den Berg gehen, und irgendwie diese Kraft der Verbote sich energetisch noch zeigt in den jetzt neuen Schildern. Meine steppps gingen mit der Wut.
Nach weiteren 10 km kam ich durch einen sehr schönen Wald mit Buchenbäume - es gab einen Hinweis - die sind schon bis zu 150 Jahren alt und alles ist völlig natürlich - unverändert - der Natur überlassen. Ich konnte es nicht so richtig glauben, aber es gab einige umgefallene Bäume, die vor sich hingammeln durften. Der Weg durch diesen Wald wurde auf jeden Fall 1907 angelegt. An einer Stelle, ein kleiner Wall, aus dem 2 Buchen, erst Richtung Weg herausgewachsen waren, dann steil nach oben, war ich so begeistert über die Schönheit dieser beiden Buchen, das ich vor Freude lachen und glucksen mußte. Auch hatten die eine so schöne Ausstrahlung. Ich setzte mich zwischen die Beiden und hatte ein kleines Picknick mit dem letzten Proviant, was ich noch bei mir hatte. Als ich wieder aufstand - die Buchen hatten mir den letzten Rest der Wut genommen. Ich dankte ihnen und ging.

Montag, 10. November 2008

Göttingen

10.11.
Hermannrode - Rosdorf - Göttingen
Alles ist irgendwie anders.
Das Wetter hat sich geändert. Es ist nicht mehr neblig und vor allem fast windstill, sondern es weht ein angenehmer, nicht zu kalter und teils kräftiger Herbstwind.
Hab das Gefühl, ich bin wieder in Norddeutschland, mit Verlassen von Hessen und hineinpilgern in Niedersachsen. Natürlich ist es hier noch nicht ganz flach, bin aber fast den ganzen Tag in der Ebene gelauben, entland der Leine.
Wie gestern schon erwähnt, habe ich plötzlich mehrere Übernachtungsmöglichkeiten hintereinander, bei Verwandten, Bekannten, Freunden oder Menschen, die ich gar nicht kenne.

Und es scheint so, daß ich in dieser Woche noch auf dem Brocken im Harz sein werde - und wieder hinunter, als Abschluß der Herbstetappe. Das hätte ich gar nicht für möglich gehalten, als ich in Klingenthal vor etwa 5 Wochen startete.
Grüße an Euch alle

Sonntag, 9. November 2008

Gute Aussichten

Bin noch in Hermannsrode. Am Abend hat sich Hilfe bezüglich der Quartierfindung durch Georg, Max und Kathrin eingestellt. So wie ich das auf der bisherigen Route im Herbst gerne schön öfter gehabt hätte, habe ich nun wahrscheinlich schon für die nächsten 3 Nächte ein Quartier über Empfehlung. Toll toll.

Samstag, 8. November 2008

Schnelle Tour

6.11.
Eisenach - Hörschel - entlang dem Kollonnenweg bis nach Ifta - Rittmannshausen - Röhrda
7.11.
Röhrda - Eschwege - Jestädt - Albungen - Kleinvach
8.11.
Kleinvach - Bad Soden-Allendorf - Lindewerra - Kollonnenweg bis Eichenberg - Hermannrode

Aus unerfindlichen Gründen bin ich nun schon 3 Tage hintereinander immer bis lange nach dem Einbrechen der Dunkelheit gelaufen. Heute allerdings mit toller Mondscheinbeleuchtung.
Nur einen kleinen Abschnitt wollte ich von Eisenach bis Ifta laufen, doch dann fing alles an. Schon am frühen Nachmittag wollte ich ein Quartier suchen. Schliesslich landete ich noch viel Prozedere 4 Orte weiter in einer Pension.
Auch in Eschwege fragte ich schon früh am Tag nach einem Quartier, Puppenspiel- und Ausstellungen - alles ausgebucht. Schließlich kam ich 12 km weiter nördlich an der Werra in Kleinvach an.
Heute dann alles mehr oder weniger geplant. Georg aus Hermannrode hatte mich eingeladen, ggf. auch von unterwegs abgeholt, falls ich es nicht bis hierher geschafft hätte.
Alles in Allem bin ich sehr zufrieden. Meinen Füßen, meinem Körper geht es gut.
Vor 2 Tagen in der Dunkelheit auf irgendso einem Radweg, noch 6 km zu gehen, meine Füße meldeten sich schon. Ich sagte so zu mir, "stell Dir doch einfach mal vor, dies wäre Deine letzte Zeit, in der Du laufen könntest und versuch jetzt jeden Schritt zu genießen." Es folgte ein Highlight von achtsamer Zeit - zu untersuchen, wie alles funktioniert - zu fühlen, was schmerzt, und es dabei zu genießen - zu fühlen, wie meine Bewegung funktioniert......
Unterwegs gibt es viele Denkmäler, errichtet von Bürgern, Initiativen, Gemeinden....
zum Thema Wiedervereinigung, Einheit, Vaterland, Freiheit.....
ein paar wirklich schöne habe ich in den letzten Tagen gesehen:
- eins in der Nähe von Ifta, Deutschlands Umrisse aus Stahl, halb noch getrennt in Ost und West, halb schon zusammengewachsen
- einige km weiter ein Baumkreuz. Menschen, Künstler, Wirtschaft, Städte, Thüringen und Hessen haben so ziemlich genau in der Mitte Deutschlands angefangen Baumalleen zu pflanzen, nach Nord und Süd auf dem alten Grenzstreifen, nach Ost und West entlang einer Bundesstraße nach Eisenach und Kassel, vieles ist schon fertig, z.B. der Weg nach Eisenach, doch wird jedes Jahr weitergeplanzt

Die Blätter haben heute so wunderschön ausgesehen. Habe viele aufgesammelt und in meine Geldbörse zum plätten gelegt. Wunderwerke .....

Morgen ist der 9.11. / 19. Jahrestag des Mauerfalls
Herzgrüße
Thomas

Dienstag, 4. November 2008

Eisenach

2.11.
Heringen - Dankmarkshausen - Berka - Oberellen
3.11.
Oberellen - Wartburg Lutherstube - Eisenach

Bemerkenswert finde ich, daß ich nicht sehr häufig das Gefühl habe, die Menschen verstehen, was ich hier mache. So mag es natürlich daran liegen, das ich mich nicht richtig ausdrücke, oder ich gerade denen begegne, die es nicht verstehen, oder ....
Allerdings ist es so, daß ich es darunter nicht leide, sondern es inzwischen eher als Training verstehe. Ich verstehe mich ja in einer Art Ausbildung ..... und was will ich denn erst mal sagen, wenn ich 2 oder 3 Monate durch ein Land laufe, in dem ich gar kein Verständnis für mein Tun erzeugen kann.
Vor 2 Tagen in Heringen fühlte ich mich dann mal richtig verstanden, ohne daß ich mich großartig erklären mußte. Dem Wirt erzählte ich von dem Projekt, auch, daß es im nächsten Frühjahr eine zusätzliche Pilgerei gibt, die ich den Polen widme, die nach dem zweiten Weltkrieg aus der Ukraine umgesiedelt wurden. Hierzu bemerkte, ich sollte mal nicht das Leid und all die Traumata der Deutschen vergessen, die auch umgesiedelt oder geflohen sind und solle dies doch bitte bei meinem Projekt berücksichtigen.
Auf jeden Fall hat es mir gut getan, daß mich jemand verstanden hat, trainiere weiter, nicht von Urteilen oder Verstehen Anderer abhängig zu sein.
Gestern bin ich auf der Wartburg bei Eisenach in der LutherStube gewesen. Hab ein wenig die Atmosphäre geschnuppert unter der Luther 1521/22 innerhalb von 3 Monaten das Neue Testament übersetzt hat. Später kam ich an dem Gymnasium vorbei, wo Luther schon Schüler war, später Bach.
Beeindruckend ist der Geist der "alten Deutschen", den ich in dieser Gegend wahrnehmen kann. Und Eisenach tut Einiges dazu, diesen zu bewahren. Mit dieser Gegend meine ich aber sowas wie die Gegend Sachsen - Thüringen, wo z.B. auch Goethe wirkte. Mal sehen, was sich aus diesem Gefühl entwickelt.

Samstag, 1. November 2008

31.10.
Tann - Geisa - Point Alpha Grenzmuseum - entlang der Ex-Grenze - Buttlar - Mansbach
1.11.
Mansbach - Unterbreizbach - Vacha - alter Handelsweg, entlang der Ex-Grenze auf Westseite - Heringen

Heute nur Stichpunkthaft
Schnee überstanden, laufe weiter in Sandalen
Ex DDR Grenze war 1.373 km lang
Beeindruckt hat mich, daß die Sowiets und Amis sich immer an der Grenze gegenüberstanden, aber nie miteinander geredet haben. Eigentlich die besten Voraussetzungen für ein Schweige-Retreat, die hatten aber wohl andere Absichten.
Diese Gegend ist geprägt durch Kali-Werke und Fachwerkhäuser.
Heute habe ich auf dem alten Handelsweg einige umgefallene Bäume gesehen, das kann nur von der Last des Schnees von vor 3 Tagen gewegen sein. Die sind einfach so umgekippelt.
Hab heute auch endlich mal wieder in der Sonne gelegen. Göttlich.