Sonntag, 3. Mai 2009

Offenheit und Tiefe

1.5. Wroclaw
2.5. Wroclaw - Trestno
3.5. Trestno - Kotowice

Liebe Freunde,
In dem relativ ungemuetlichen Arbeiterquartier habe ich noch etwas geputzt, als Service fuer die Arbeiter (am Tag der Arbeit 1.5.), und ne ganze Menge geschlafen. Das war noetig. Abends bin ich dann in die Stadt gelaufen, Abendstimmung auf dem Rathausplatz. Sehr schoen renoviert. Allerdings war ich ueber den Zustand der noch zu renovierenden Gebaeude erstaunt - und das noch nicht mehr geschehen ist.
Dies hat sich am naesten Tag etwas relativiert, war wohl in einem besonders betroffenen Viertel.
Habe inzwischen Breslau durchschritten, neue Sandalen in einem riesen ShoppingCenter gekauft, die alten "gemuellt" und bin jetzt wieder besser unterwegs. Weitere abgetrage Sandalen will Hans in einem Kunstprojekt in Zukunft nutzen. Bin mal gespannt, was sich da so im Laufe der Jahres ansammeln wird.
Offenheit
Schon seit Kotowice, vor Wroclaw, als auch in dem heute eingetroffenen Ort Kotowice nach Wroclaw, gewinne ich den Eindruck, das die Menschen immer offener werden, interessierter und ich in tiefere Gespraeche mit ihnen komme. Vielleicht liegt es aber auch an der Naehe zu einer grossen Stadt.
Quartiermaessig scheint sich jetzt eine Serie von vermittelten Quartieren anzubahnen, das hatte ich in Polen bisher noch nicht, war auch gefuehlsmaessig gar nicht noetig, fuehlte mich immer gut versorgt. Doch freue ich mich natuerlich darueber.

Heute nachmittag traf ich erst ein Paearchen, dann einen einzelnen Radler, beides recht junge Leute, die mich beim Gehen ansprachen, wegen des Rucksackes aufmerksam geworden, und einer davon hatte mich schon gestern durch Breslau schreiten sehen. Die 3 waren sehr interessiert an dem Projekt, fragten gleich ob ich Buddhist bin usw. Einer haette richtig Lust mitzugehen.
Die Gastgeber heute haben mich gerade durch den Ort gefahren, deutsche und polnische Geschichten erzaehlt, mir ein bischen auf dem Friedhof gezeigt. Hier gab es mal 3 deutsche Restaurants - alle hin, der Bahnhof war ueberdacht - zusammengefallen. Der Zug haelt hier taeglich, aber der Bahnhof verkommt mehr und mehr. Die Mischung aus alten deutschen Haeusern, die natuerlich von Polen bewohnt werden und den Haeusern, die die Polen jetzt neu bauen, ist weiterhin spannend. Auch "Armut" (niemand muss Hunger leiden, soweit ich es ueberschauen kann) und Reichtum nebeneinander zu betrachten ist spannend. Auch der Baustil der Polen ist aussergewoehlich und gleichzeitig schoen. Neue Haeuser werden gerne bunt angemalt, Zaeune drumherum gebaut. Meike, mit mir Ende 2007 unterwegs gewesen, sagte mal spontag, sieht hier ein bischen aus wie in Brasilien. Ich selbst sehe noch weitere aehnlichkeiten, teils suedlaendischer Art, teils mit dem Baltikum, teils mit Portugal und kapiere hier immer noch nicht, wie ich es beschreiben koennte.
Ich fand es spannend zu beobachten, wie mein Gastgeber und dessen Kinder, die als Dolmetscher fungierten, bei der Friedhofsbesichtigung reagierte. Es scheint den Polen nah zu gehen, das sie nicht so recht wissen, was mit den deutschen Graebern ist. Teils stehen darauf, genau wie auf den polnischen Graebern, einige Kunstblumen, teils Kerzen, teils ist nicht gekuemmert. Einige Graeber von vor dem Krieg sind eingeebnet, aber auch hier scheint ein sensibler Nerv der Polen getroffen, die nicht so genau wissen, wie sie mit diesem Erbe umgehen sollen. Ist es wirklich richtig die Graeber einzuebnen? - Fragt sich wohl mancher Pole. Ich habe dazu gemeint, dass in Deutschland die Graeber nach 30 Jahren eingeebnet werden. Allerdings hat dies natuerlich auch einen gewissen geschichtlichen Wert??!!
Die Polen betreiben um ihre Graeber fast einen Kult, so geschmueckt wie diese sind, so kann ich die Bedenken und Gedanken verstehen.
Naja, es ist schon wieder spaet, seid herzlich gegruesst
Thomas

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